Grundkurs Neutsch für Anfänger
Willkommen zum Grundkurs „Neutsch für Anfänger“! Dieser wird Sie in wenigen leichtfasslichen Lektionen mit den Grundzügen des Nittelhochmeutschen, der Verkehrssprache der GSV, vertraut machen. Schwerpunkt ist natürlich die Stärkung schwacher Verben, aber auch die „Stärkung“ von Adjektiven und Substantiven wird vermittelt. Nach erfolgreicher Absolvierung des Kurses sind Sie in der Lage, eigenständig Nittelhochmeutsch zu sprechen und zu schreiben. Viel Spaß!
Stärkung von Verben
1. Verben auf -ieren
Am einfachsten zu stärken sind die auf -ieren endenden Verben. Die starken Formen können Sie im Nittelhochmeutschen ganz einfach nach dem Schema -or / -öre / -oren bilden:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
halbieren | halbor | halböre | halboren | ||
konjugieren | konjugor | konjugöre | konjugoren | ||
buchstabieren | buchstabor | buchstaböre | buchstaboren |
Stärken Sie nach dem obigen Muster die folgenden Verben:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
kollabieren | |||||
reservieren | |||||
polieren |
Lösung
kollabor, kollaböre, kollaboren
reservor, reservöre, reservoren
polor, polöre, poloren
2. Stärkung analog starker Verben
Einen Teil schwacher Verben können Sie sehr einfach analog bereits starker Verben stärken, auf die sie sich reimen. Wollen Sie zum Beispiel die schwachen Verben „gerben“ und „erben“ stärken, bietet sich als Vorbild das starke Verb „werben“ an:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
werben | wirbt | warb | würbe | wirb | geworben |
gerben | girbt | garb | gürbe | girb | gegorben |
erben | irbt | arb | ürbe | irb | georben |
Stärken Sie analog passender starker Verben die folgenden:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
hehlen | |||||
pressen | |||||
wecken |
Lösung
hiehlt, hahl, hiehle, hiehl, gehohlen (analog stehlen)
prisst, praß, präße, priss, gepressen (analog essen)
wickt, wak, weckte, wick, gewocken (analog schrecken)
3. Freie Stärkung
Beim Betrachten bestehender starker Verben fällt Ihnen sicher auf, dass sich die Vokale in den einzelnen Formen ändern: Im Indikativ Präses und im Imperativ oft zu e, i oder einem Umlaut, im Indikativ Präteritum und im Partizip II oft zu a, o oder u und im Konjunktiv II entsprechend zu ä, ö oder ü. Wenn Sie sich daran orientieren, können Sie auch ohne Analogie ein Verb stärken. Welche Vokale Sie genau verwenden, bleibt Ihnen überlassen – es gibt hier im Neutschen kein Richtig oder Falsch. Zum Beispiel:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
bremsen | brimst | broms | brömse | brims | gebromsen |
schlucken | schlückt | schlock | schlöcke | schlück | geschlocken |
stärken | stirkt | stork | störke | stirk | gestorken |
Stärken Sie nach dem obigen Muster die folgenden Verben:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
reden | |||||
spucken | |||||
tanzen |
Lösung
Z.B.
reden, riedt, rad, räde, ried, gereden
spucken, spückt, spock, spöcke, spück, gespocken
tanzen, tänzt, tunz, tünze, tänz, getanzen
4. Stärkung mit Konsonantenverschiebung
Bei Verben, bei denen der Infinitiv auf -eln, -ern oder -nen endet, fällt diese ganze Endung in den gestorkenen Formen weg. Der Konsonant l, r oder n bleibt jedoch erhalten und wird an eine andere Stelle verschoben, wo man ihn gut aussprechen kann (normalerweise direkt nach dem Stammvokal). Zum Beispiel:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
handeln | hilnd | holnd | hölnde | hilnd | geholnden |
zittern | zirtt | zortt | zörtte | zirtt | gezortten |
wappnen | wänppt | wonpp | wönppe | wänpp | gewonppen |
Stärken Sie nach dem obigen Muster die folgenden Verben:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
trocknen | |||||
wackeln | |||||
wettern |
Lösung
Z.B.
trocknen, trönckt, trunck, trüncke, trönck, getroncken
wackeln, wälckt, wolck, wölcke, wälck, gewolcken
wettern, wirtt, wartt, württe, wirtt, gewortten
5. Stärkung mit Tmesis
Mit Vorsilben versehene Verben sind im Deutschen trennbar. D.h. in den finiten Formen wandert die Vorsilbe an eine Position weiter hinten im Satz. So wird z.b. das Verb „absägen“ in dem Satz „Ich säge den Baum ab.“ von seiner Vorsilbe getrennt. Dieses Phänomen nennt man Tmesis (von gr. tmêsis „Abtrennung“). Im Neutschen gibt es zahlreiche Formen der Tmesis, bei denen jedoch nicht nur die tatsächlichen Vorsilben abgetrennt werden, sondern zuweilen willkürlich gewählte Teile des Verbs.
Die im Nittelhochmeutschen beliebteste und einfachste Form der Tmesis können Sie bei dreisilbigen Verben anwenden. Sehen Sie die erste Silbe des Wortes einfach als Vorsilbe an und trennen Sie sie zunächst vom Rest des Verbes. Stärken Sie nun den verbliebenen Teil des Verbes und stellen Sie dann die „Vorsilbe“ nach hinten:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
faulenzen | linzt faul | lonz faul | lönze faul | linz faul | faulgelonzen |
heiraten | rät hei | riet hei | riete hei | rate hei | heigeraten |
mutmaßen | maßt mut | mieß mut | mieße mut | maße mut | mutgemaßen |
Stärken Sie nach dem obigen Muster die folgenden Verben:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
wallfahren | |||||
shanghaien | |||||
ohrfeigen |
Lösung
fährt wall, fuhr wall, führe wall, fahre wall, wallgefahren
hait shang, hia shang, hiäe shang, haie shang, shanggehiaen
feigt ohr, fieg ohr, fiege ohr, feige ohr, ohrgefiegen
Auch die auf -ieren endenden Verben können leicht mit Tmesis gestärkt werden. Trennen Sie einfach alles vor -ieren ab und stärken Sie -ieren nach dem Muster -or/-öre/-georen:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
verlieren | iert verl | or verl | öre verl | iere verl | verlgeoren |
kaschieren | iert kasch | or kasch | öre kasch | iere kasch | kaschgeoren |
konstatieren | iert konstat | or konstat | öre konstat | iere konstat | konstatgeoren |
Stärken Sie nach dem obigen Muster die folgenden Verben:
Infinitiv | Indikativ Präsens | Indikativ Präteritum | Konjunktiv II | Imperativ | Partizip II |
---|---|---|---|---|---|
thematisieren | |||||
profilieren | |||||
negieren |
Lösung
iert thematis, or thematis, öre thematis, iere thematis, thematisgeoren
iert profil, or profil, öre profil, iere profil, profilgeoren
iert neg, or neg, öre neg, iere neg, neggeoren
Stärkung von Adjektiven
1. Adjektive auf -iert
Streng genommen werden Adjektive im Nittelhochmeutschen nicht gestärkt, sondern eher verneutscht. Am einfachsten zu „stärken“ sind Adjektive, die auf -iert enden. Die Endung wird einfach umgewandelt in -oren und klingt damit wie das Partizip II des entsprechenden Verbs. Z.B. komplizieren - komplizoren / kompliziert - komplizoren.
kontaminiert - kontaminoren repliziert - replizoren verziert - verzoren
erigiert - erigoren suffigiert - suffigoren XXXXX - XXXX
2. Adjektive auf -lich
Bei Adjektiven mit der Endung -lich entfällt -ich ersatzlos und das nun am Ende des Rest-Adjektivs stehende -l rückt um der besseren Aussprache soweit im Wort nach vorn, bis es direkt nach dem ersten erreichbaren Vokal steht. Enthält das Adjektiv einen Umlaut, geht dieser seiner zwei Pünktchen verlustig und wird zum entsprechenden Vokal (d.h. ä zu a, ö zu o, ü zu u)
Grundform | Starkform |
---|---|
freundlich | freulnd |
deutlich | deult |
wahrscheinlich | wahrscheiln |
offensichtlich | offensilcht |
mündlich | mulnd |
eigentlich | eigelnt |
ähnlich | ahln |
ungewöhnlich | ungewohln |
betrüblich | betrulb |
„Stärken“ Sie nach dem obigen Muster die folgenden Adjektive:
Grundform | Starkform |
---|---|
zeitlich | |
XXXX | |
XXXX | |
glücklich | |
erkenntlich | |
beachtlich | |
unsäglich | |
womöglich | |
untrüglich |
Lösung
zeilt, XXXX, XXXX, glulck, erkelnnt, bealcht, unsalg, womolg, untrulg
Eine Ausnahme bilden Adjektive, die auf -erlich / -eulich / -ürlich enden. Bei diesen würde die Aussprache des komplett nach der o.g. Regel „gestärkten“ Adjektivs zu schwierig, weshalb die Verschiebung des -l entfällt.
Grundform | Starkform |
---|---|
widerlich | widerl |
erfreulich | erfreul |
natürlich | naturl |
„Stärken“ Sie nach dem obigen Muster die folgenden Adjektive:
Grundform | Starkform |
---|---|
erinnerlich | |
greulich | |
figürlich |
Lösung
erinnerl, greul, figurl
Stärkung von Substantiven
Substantive auf -(ier)ung
Blindtext
Substantive auf -ierung
Aktivierung → Aktivur
Halbierung → Halbur
Gentrifizierung → Gentrifizur
Substantive auf -(ig/ich)keit
Bei Substantiven, die auf -(ig/ich)keit enden, hat man im Nitttelhochmeutschen zwei Molge des Storks:
a) Wendigkeit → Wendik
Findigkeit → Findik
b) Fähigkeit → Fah
Müdigkeit → Mud
Möglichkeit → Molg
Substantive auf -heit
Blindtext
Substantive auf -tion
Blindtext
Gebrauch des Genitivs
Ein Zeichen für gutes Nittelhochmeutsch ist der starke Gebrauch des Genitivs, insbesondere auch älterer Genitivformen. Zu diesem Behufe hat die GSV die bislang umfangreichste im Netz zu findende Liste von Präpositionen, Adjektiven, Adverbien, Verben und Wendungen [[1]], die mit Genitiv verwendet wurden, werden müssen, sollten oder – namhaften Vorbildern folgend – zumindest dürfen, angelegen.
Abschlussübung
Übersetzen Sie nun den nachfolgenden kurzen Text ins Nittelhochmeutsche, indem Sie nach Möglichkeit alle Verben, Substantive und Adjektive stärken.
Blindtext in Hochdeutsch
Lösung
Blindtext in Nittelhochmeutsch